Liebe Mama,
herzlichen Glückwunsch zu Deinem Geburtstag! Ich will bei Dir sein, also bin ich es. Bei Dir ist es schön, Du siehst mich. Du hörst mich und hörst mir zu. Du interessierst Dich für mich und was mich bedrückt, was ich mir wünsche, für mich und für andere. Du bist da.
Ich höre Dir zu und erkenne soviele Fragen. Ist das alles richtig so? Du hast keine Angst mehr. Du lächelst. Hineini.
Ich trage das Kreuz. Fast ist es so, als ob ich mich dafür rechtfertigen müsse. Du hast es immer getragen, auch wenn es nicht offensichtlich war. Das sehe ich jetzt. Hattest Du auch das Gefühl eines Rechtfertigungsdrangs? In meiner Generation scheint es etwas anrüchiges zu sein, wenn jemand das Kreuz trägt. Wozu soetwas tun, wenn es doch Achtsamkeitskurse gibt? Eine Mitgliedschaft bei Schalke? Alles, was in den eigenen Himmel führt, ist erlaubt, alles im eigenen Himmel wird geglaubt. Dort werden wir Teil eines größeren Ganzen, oder nicht? Sicher ist: wir finden einen Platz, wie Du ihn gefunden hast.
Du fandest die Punks in London damals saucool. Das war in den 1980ern. Mir wird erst jetzt langsam klar, was sie für dich bedeuteten. Du wolltest damals schon so frei sein anderen sagen zu können, was Du von ihnen wirklich hältst. Heuchelei? Neid? Großspurigkeit? Dein Bedürfnis solchen Leuten den Spiegel vorzuhalten, hat eigentlich nie abgenommen.
Die Idee der Punks wurde nicht von vielen verstanden, von Dir aber schon. Vielleicht war ich deshalb auch einer, wenn auch nicht trinkfest. Nicht schlimm. Du hast es erkannt und das zählt.
An Deinem Geburtstag wünsche ich Dir eine gute Zeit mit Lorenz und allen anderen, auch mit Edelgard. Es ist so schön, wenn man sich versteht ohne Worte.
Ich liebe Dich
W.